Rezension zu Klang der Zeit von Dr. Susanne Farwick

Autorin des Buches „ Studien zur zeitgenössischen Musik für Flöte solo in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts

Friedrich Leufgens Komposition Klang der Zeit für Flöte solo ist, „ein Stück über Entstehung und Vergänglichkeit“, bei dem der Atem den „Beginn des Lebens und der Zeit“ darstellt. Anfang- und Schlusspunkt des Werkes bilden daher sehr frei zu spielende Luftgeräusche in der Art eines Jet Whistle. Dabei handelt es sich um eine moderne Spieltechnik, bei der das Mundloch der Flöte komplett mit den Lippen abgedeckt wird, um dann mit Hilfe eines starken Zwerchfellimpulses einen kraftvollen Luftstoß in die Flöte abzugeben. Des Weiteren tritt ein bambusartiger Ton in C als geräuschhafter Effekt mehrfach in Erscheinung. Die Klangpalette wird zudem durch Flageoletts, Lippenpizzicati und Glissandi sowie durch die Technik des simultanen Singens und Spielens erweitert.

„Das Stück ist sehr frei zu spielen. Der Flötist sollte es so spielen, als wären es Gedankensplitter (Gefühle, Erinnerungen) im Fluss der Zeit.“ Diese Sichtweise spiegelt sich in vielerlei Hinsicht in dem Werk wider. So wird zum einen der Fluss der Zeit durch den Verzicht auf Taktstriche verdeutlicht. Darüber hinaus greift der Komponist überwiegend nicht auf die übliche Differenzierung der verschiedenen Notenwerte zurück, sondern gibt vielfach die Möglichkeit, in einem angegebenen zeitlichen Rahmen frei zu spielen; dabei dient das Zeitmaß einer Sekunde bei den als Vierteltönen notierten Noten ohne Notenhals als Tempobestimmendes Element. Schließlich werden Dreiecke als Pausenzeichen verwendet, die nicht innerhalb des Notensystems stehen, sondern sichtbar die möglichen „Gedankensplitter“ räumlich voneinander trennen und den bruchstückhaften Charakter von Splittern unterstreichen.

Die Vielgestaltigkeit der „Gedankensplitter“, die sich besonders in den verschiedenen spieltechnischen Ausführungsmöglichkeiten, der Improvisation sowie im breiten dynamischen Spektrum des Stückes äußert, zeigt den Facettenreichtum der musikalisch umgesetzten Gefühle und Erinnerungen auf. Damit wird diese Komposition zweifelsohne zu einer spielens- und hörenswerten Bereicherung des Flötenrepertoires.
Dr. Susanne Farwick, Coesfeld 2009.